Akademiker?

Das Kind, ein Studienabsolvent, erwähnt bei einem gemütlichen Beisammensein, dass es unlängst über die soziale Durchmischung auf Universitäten gelesen habe (Majestät lauschen interessiert) und dass es sich freue, einer von jenen Studenten zu sein, die in der Statistik als Musterbeispiel für Akademiker, die aus einem nichtakademischen Haushalt kommen, aufscheine.

Aufschrei. Wie kann das Kind so etwas wagen? Majestät nicht als Akademiker zu bezeichnen! Frechheit! Eine Beleidigung!

Nun ja, sagt das Kind, das liege daran, dass Ihro Durchlaucht nunmal kein Akademiker sind. Auch nicht Madame. Insofern: Kind kommt aus nichtakademischen Haushalt. Reine Definitionssache.

Ihre Majestät ist entsetzt. Das Kind wisse doch, dass Majestät äußerst belesen und gebildet ist, ein Fast-Akademiker sozusagen, unendlich gescheit und deshalb nicht als Nichtakademiker zu bezeichnen. Majestät verkehre ja auch viel mit Akademikern, ein Zeichen, dass Majestät daher immer unter ihresgleichen ist.

Ja, selbstverständlich seien Majestät durchaus belesen und gebildet für einen Menschen, der eine Lehre abgeschlossen hat - dies nur als Erinnerung. Das Kind aber danke den Eltern für die Weitsicht, ihren Nachkommen Ausbildung ermöglicht zu haben, wo doch beide aus einfachen Verhältnissen kommen. Das Kind wolle nur erwähnen, wie ungewöhnlich das laut vorhin erwähntem Artikel in diesem Lande sei.

Was das für eine idiotische Statistik sei, fragt Majestät, man brauche ja kein Akademiker zu sein, um als gebildet zu gelten. Überhaupt kenne Majestät sehr viele Akademiker, die Idioten sind. Die meisten Akademiker, mit denen Majestät verkehrt, und derer sind es viele!, sind eigentlich unfähig, den Alltag zu meistern, Majestät seien froh, kein Akademiker sein zu müssen, denn Majestät habe das Leben viel besser im Griff und sei mit Sicherheit kein Idiot, im Gegenteil, Majestät seien lebensfähig und gescheit.

Madame wirft verwirrt ein: Nun, wenn Akademiker Idioten sind, wieso wolle dann Majestät als Akademiker bezeichnet werden?

Majestät wolle doch gar nicht als Akademiker bezeichnet werden, Majestät wollen nur klarstellen, dass sie mit Akademikern auf einer Stufe steht. Majestäts Vater war Akademiker, dieser habe ausschließlich kluge Sachen, oft in Latein, von sich gegeben, ein Zeichen also dafür, dass Majestät akademisch ist.

Das Kind will wissen, was denn nun Majestät ist: Akademiker oder nicht Akademiker?

Majestät gehen in sich und denkt kurz nach. Dann, die erlösende Antwort auf das Dilemma: Beides. Majestät sind beides und Majestät vereinen die positiven Eigenschaften beider Gruppen optimal in sich.

Gottseidank ist dies nun geklärt.

Aus der königlichen Pathologie:


Selbsttäuschung: Obwohl nach jeglicher (realen) Definition Majestät nicht in ein bestimmtes Schema passen, wird dieses ignoriert - Majestät nimmt sich selbst als Akademiker wahr und ist demnach einer. Punkt aus.

Kränkung: Majestät möchten gekränkt sein. Überall ortet der König Kränkung. Um gekränkt zu bleiben, kann sich Majestät sogar mehrere Realitäten innerhalb eines einzigen Gesprächs zusammenschustern.

Umgang mit Kritik: Der Hinweis auf die Inkonsistenz im Weltbild wird diesmal nicht mit Aggresstion quittiert. Vermutlich lag es an der Formulierung einer Frage, denn diese bringt Majestät dazu, über sich selbst zu referrieren - und was bitte ist schöner, als das?
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