Charmant, charmant

Hoheit sind auf ein Fest geladen: eins der Kinder feiert, nebst Freunden und Kollegen steht auch die Familie auf der Gästeliste. Majestät, Madame und ein paar der Kinder stehen in einer größeren Runde zusammen und schlürfen Sekt, während eine weibliche Freundin des feiernden Kindes das Grüppchen über ihre Erfahrungen im Yoga-Kurs unterrichtet. Sie erzählt was sie so alles lernt, welche Muskeln gestärkt und welche Sehnen gedehnt werden. Am schwersten aber seien die Übungen für die Bauchmuskulatur, die erforderten nahezu akrobatische Verrenkungen des Unterleibes.

Hoheit wenden charmant ein, dass, wenn diese Übungen so schwierig wären, die junge Dame durchaus selbige auf Hoheit persönlich durchführen könne, wir böten unsere Schoß großzügig dafür an.

Details über die Art der beschrieben Übung bleiben jetzt einmal aus Jugendschutzgründen auf der Strecke, aber es sei versichert, dass dieses Angebot in Kombination mit der Beschreibung der Übung, sowie dem Alter der Erzählerin sich irgendwo zwischen den Sperrzonen "Demütigung" und "Pornographie" befand, es in jedem Fall aber selbst für das 18. Jahrhundert sexistisch und für an Orgien gewöhnte römische Kaiser anzüglich gewesen wäre.

Die Runde hüstelt höflich, die Erzählerin senkt schweigend den Kopf, das Kind wechselt schnell das Thema.

Als das Kind dann mit Hoheit alleine ist, lässt es Ihre Majestät wissen, sie möge in Zukunft bitte dermaßen unangebrachte Bemerkungen gegenüber weiblichen Partygästen für sich behalten.

Hoheit sind basserstaunt. Was das Kind jetzt bitte habe? Die Bemerkung sei charmant und lustig gewesen, das Publikum habe doch amüsiert reagiert!

Nein, das Publikum war nicht amüsiert. Solche Bemerkungen waren, sofern überhaupt jemals, vielleicht gerade noch in den Fünzigerjahren charmant, heute und hier jedenfalls nicht.

Hoheit sind jetzt schon ein bisschen gekränkt. Okay, wir schweigen, aber wir halten fest, dass das Kind übertreibe. Unser Vater, der frauenherzenbrechende König des Charmes, habe früher (Anm. d. A.: in den 50er Jahren) den Damen ständig solche Bemerkungen zugeraunt, die waren alle ganz hin und weg, wir sehen nichts verwerfliches darin, schönen Damen Komplimente zu machen.


Aus der königlichen Pathologie:

Selbstüberschätzung: Der König sieht sich selbst als perfekter Liebhaber, charamter Frauenheld, gewiefter Verführer. Dass die verwendeten Taktiken weder zeitgemäß noch angebracht sind, kann er nicht erkennen, zumal er das Gefühl braucht, als Charmeur Anerkennung zu bekommen.

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