Einkaufendes Publikum
Witzige
Geschichte: Das eine Kind war unlängst in einem Delikatessenladen, um
dort Champagner für ein Geschenk einzukaufen. Die Tatsache an sich ist
noch nicht lustig, allerdings ein junger Mann, nennen wir ihn doch "der
kleine Prinz Narziss", der daneben vor den Schaumweinregalen mit seiner
Freundin zu verweilen gedachte, schon. Prinz Narziss, gerade mal einen
Bartflaum im Gesicht und mit Sicherheit nicht dazu imstande, den Erwerb
von Champagner aus eigener finanzieller Kraft zu stemmen, war sich
nämlich nicht zu schade dafür, mit nasalierter Stimme und deutlich
übertriebener Sprechlautstärke besagte Freundin (und den Rest des
Geschäftes) darüber zu informieren, wie arm er Menschen (also z.B. das
danebenstehende Kind des Königs) fände, die HIER Champagner kauften,
grundsätzlich trinke man nämlich Jahrgangschampagner - es folgte ein
Monolog über die Herstellung und Verwendung dieses Edelgesöffs (Freundin
noch in der Anhimmel-Phase, nix verhaut demnach).
Kind
erzählt das daheim, schallendes Gelächter, Majestät ist erheitert und
meint, Majestät fänden solche Menschen widerlich, die es notwendig
hätten, dermaßen plakativ die Menschheit darüber am Laufenden zu halten,
mit welch Luxusgütern man auf Du-und-Du sei.
Wochen später. Madame hat Besorgungen zu machen, das königliche Paar macht also einen vormittäglichen Ausflug zu diversen Geschäften, darunter auch in das oben erwähnte Delikatessengeschäft. Madame kündigt den Besuch dieses Geschäftes an, zu diesem Zwecke möchten sich Majestät daher vor der Abfahrt lieber nochmal umziehen und sich in eine Lammfellrobe hüllen, man ist ja schließlich nicht irgendwer. Im Geschäft steht Majestät mit Lesebrille bewaffnet neben Madame, während sie die Einkaufsliste abarbeitet und von Regal zu Regal flaniert, greift Dinge aus den Regalen und lässt Madame, im Wesentlichen aber den Rest des ganzen Geschäftes mit nasalierter Stimme und übertriebener Sprechlautstärke wissen, dass Majestät die Luxusgüter durchaus kenne, immer wieder mit Seitenblick auf das möglicherweise lauschende und hoffentlich beeindruckte Publikum. Ein ärgerliches Hinderniss beim Verbreiten von luxusgeschwängerter Atmosphäre ist aber, dass Majestät sich außerhalb solcher Geschäfte üblicherweise weniger intensiv für Kulinarik begeistern möchte, und daher etwas holprig die Umgebung über das eben gesichtete Trum aufklärt. "Schau, Schatzi, diese Wurst, wie heißt die denn, die kennen wir - weißt du, Schatzi, das ist nämlich die, die uns der Willi empfohlen hat, diese italienische." Madame weiß welche Wurst das ist, weil die letzten Male, als Majestät im kaiserlichen Kühlschrank diese Wurst vorgefunden hatte, war es Madame, die sie eingekauft hatte. "Ah, diese Gewürze, verwendet die nicht der berühmte Koch, wie heißt der denn noch einmal?" Madame nimmt ein Gewürz, auf dessen Etikett Name und Abbild des Koches prangen. Majestät liest: für Fleisch. "Aha, für Fleisch. Wenn du das verwendest, dann nimmst du eh das Fleisch von unserem Fleischer, hach wie heißt der Herr... Dings... weißt eh, der am Markt, wo wir immer hingehen?" Majestät waren noch nie bei besagtem Herrn Dings am Markt, aber Madame verspricht, das Gewürz ausschließlich dann zu verwenden, wenn sie Fleisch vom Dings habe. "Oder sollen wir gleich hier schauen, ob die hier eine vergleichbare Qualität haben?" Skeptischer Blick Richtung Fleischtheke. Nein, Madame findet, dass hier Preis/Leistung bei Fleisch nicht stimme. Sie flüstert, damit das mittlerweile zur Euphorie beeindruckte Publikum nicht glauben könnte, Majestät könne sich hier kein Fleisch leisten. Das könne sie nämlich, fürs Protokoll, sie wolle nur nicht. Dann die Fischtheke. Majestät haben vorhin einen sehr guten Thunfisch gegessen ("Bei wem nochmal, Schatzi?"), Majestät wollen Fisch von genau derselben Qualität hier erstehen. Zwinkern zum Angestellten, wohlwollender Blick zu Madame: damit Madame das zu Hause dann auch so zubereitet.
Majestät haben ein paar Tage später dann, als es das Fleisch vom Herrn Dings gegeben hat, nicht danach gefragt, ob da eh das Gewürz von dem Koch, hach, wieheißterdennnoch, verwendet wurde.Aus der königlichen Pathologie:
Selbstdarstellung:
Majestät möchte von der Umgebung bewundert werden, sie findet
Möglichkeiten, wie sie sich, vermeintlich angepasst an die Umgebung, in
Szene setzt. Kann funktionieren, kann aber auch sehr peinlich werden.
Ein Hinweis darauf würde wohl eher aggressiv enden. Dafür unterhaltsam,
wer sich traut, weil dann ändert sich plötzlich der Charakter der
Inszenierung in ein komisches Drama.