Hoden aus Edelstahl, rostfrei

Wie wir bereits wissen, haben Majestät ein paar Äcker. Großgrundbesitzer, sozusagen.

Nun, eines Tages kommt eine Firma ins Dorf, fährt ein bisschen herum, erspäht einen Acker und befindet diesen für ideal, darauf eine Art Fabrik zu bauen. Die Firma wendet sich an den Ackerbesitzer, bietet ein hübsches Sümmchen, und der Ackerbesitzer befindet, dass dieses deutlich weniger stinkt als der eben auf diesen Acker geführte Dung, außerdem schaut man einem geschenkten Gaul sowieso nicht ins Maul, und mitnichten hat Geld noch niemanden reich gemacht. Also gut, nach ein paar Wochen steht ein eckiger Klotz auf dem Acker und der Ackerbesitzer hat ein neues Auto.

Majestät bekommen das mit, selbstverständlich, weder ist das neue Auto, noch der eckige Klotz zu übersehen. Wie das überhaupt möglich ist, mitten auf einen Acker eine Fabrik zu stellen? Also gesetzlich? Hoheit recherchieren, fragen nach. Ja, eh, ist schwierig, aber leider, leider ist da alles rechtens zugegangen. Ist zwar ein Schlupfloch, ein juristisches, aber es hilft das ganze Beschweren nicht: die Klotz-gegen-Geld-Aktion war legal.

Majestät erzählen bei einem Mittagessen recht aufgebracht dem Hofstaat die Geschichte. Hofstaat antwortet: aha. Klotz am Acker. Ackerbesitzer ist jetzt reicher. Sollen sie doch Kuchen essen.

Majestät werden ärgerlich. Ob das den Hofstaat nicht stört? Also im Besonderen die Kinder? Erstens verschandele der Klotz die wunderschöne, flache Landschaft, die sogar mit idyllischen Windrädern, altmodischen Telefonleitungen und romantischen Bahngleisen aufgemöbelt worden ist. Zweitens: wie kann sich der Ackerbesitzer dank eines gesetzlichen Schlupfloches da seinen Acker abkaufen lassen?

Kinder antworten: Na eben weil es ein Schlupfloch ist. Schlupfloch heißt zwar: gut, Gesetz hätte besser formuliert werden können, aber es verspricht auch bombenfeste Legalität. Gesetz ist Gesetz, da können sich Ihro Advokatheit noch so über die Formulierung ärgern.

Hoheit verlange jetzt von den Kindern, dass sie da bitte gerichtliche Schritte einleiten. Sofort! Majestät selbst können das nicht machen, wir sind in Pension, da geht das nicht, aber die Kinder, die können jetzt endlich zeigen, ob sie Eier haben.

Wen wir denn bitte verklagen sollen? Und vor allem: worauf? Der Ackerbesitzer hat gesetzestreu gehandelt!

Durchlauchtigstes Augenverdrehen. Wie einfallslos der impertinente Nachwuchs doch ist! In so einem Fall verklagt ihr halt die Republik!

Achso. Die Republik also. Die ganze? Wir sollen unser sauer verdientes Geld in die Hand nehmen und gegen den Schwerverbrecher "die Republik" gerichtlich zu Felde ziehen, weil Hoheit nicht mit der Formulierung eines Gesetzestextes einverstanden sind. Stellen sich Durchlaucht das so vor?

Ja genau. Und da können die Elendiglichen endlich zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Ob sie feige Kanalratten, oder würdige Nachkommen mit Hoden aus Stahl sind.

Kinder werfen sich einen kurzen Blick zu, dann ist man sich einig: Die Hoden, zumal nicht einmal bei der gesamten Brut rein biologisch vorhanden, sind definitiv nicht aus Stahl, uns es ist wurscht, was der Ackerbesitzer bekommen hat und was da jetzt auf seinem Acker thront.

Majestät brüllen herum. Wir dachten, wir hätten intelligente Kinder! Aber nein, wir haben Feiglinge! Dumme, unwissende Feiglinge! Alles ist ihnen egal! Was haben wir da nur herangezogen! Gut, haben wir eh nicht, war eh die Mutter. Fürchterlich! Majestät lässt das übrgens gleich lautstark den ganzen Innenhof eines schicken Heurigens wissen, damit nur ja keine Zweifel aufkommen, wie feige und verdorben die elende Brut ist.

Wieder in den eigenen vier Wänden wollen Madame dann wissen, wieso sich Majestät so ärgere.

Na wegen den Kindern. Die haben keine Eier. Was sonst?

Ob vielleicht, zu einem klitzekleinen Prozentsatz, die königliche Ehre gekränkt sein möchte, weil die Firma nicht das hoheitliche, sondern das benachbarte Feld auserkoren hat, und daher Majestät nicht in den Genuss eines hübschen Sümmchens gekommen ist? Könnte dieser, vor wildfremden Heurigengäste durchexerzierte Wutausbruch, nicht doch ein bisschen von Eifersucht gelenkt worden sein?

So. Majestät sind nun endgültig enttäuscht von Madame. Das war der letzte Tropfen, der dass royale Fass der Geduld zum Überlaufen gebracht hat. Hiermit ist bewiesen: Madame kenne ihren Gatten überhaupt nicht. Könne ihn daher auch nicht lieben. Wir dachten bisher, die letzten Jahrzehnte, Madame kenne uns. Mitnichten. Dass Madame überhaupt dazu fähig ist, uns Eifersucht zu unterstellen. Wir kennen diese Emotion nicht einmal. Wie schreibt man das? Also wirklich. Das ist das allerallerallerletze. Dass Madame so tief sinken könne. Atemberaubend. So werde Majestät also von seiner Familie geliebt. Typisch. Wir können nicht glauben, dass Madame und so etwas antut, wir ....


Aus der königlichen Pathologie:

Eifersucht: Eifersucht und Neid sind Emotionen, die den Narzissten wahrscheinlich eher öfter heimsuchen. Eh klar. Die Welt, die er sich da schafft, in der er der beste, reichste, größte und superlativste ist, die ist ja recht fragil - zumal nicht real.

Selbsttäuschung: Ob sich der König wirklich vorstellt, man könne die Republik verklagen? Da er sich glaubhaft einreden kann, er könne es nicht, die Kinder aber das aber auch nicht tun, gibt es eine positive Auswirkung für den Narzissten: er kann sich den Kindern überlegen fühlen, ein offenbar erstrebenswerter Zustand. Inklusive einer heilsamen, öffentlichen Demütigung derselbigen.
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