Integration

Ihr launische Durchlaucht waren lange Zeit Mitglied in einem dörflichen Verein und dabei durchaus engagiert und unter Freunden (insoweit das königliche Distanzverhalten Freundschaften zuließ). Irgendwann änderten sich die Umstände, Majestät befand, dass sämtliche Vereinsmitglieder für Majestät viel zu einfache Menschen wären, nahezu primitiv, Majestät bevorzugen elitäre Kreise. Natürlich! Die königlichen Kinder lässt Majestät auch in gute Schulen gehen. Als einer der wenigen im Ort habe Majestät erkannt, wie wichtig Bildung sei und ermögliche daher den gesellschaftlichen Aufstieg, Majestät wisse daher nicht mehr viel mit dem Pöbel zu plaudern und Majestät hielt sich dann auch weitgehend fern vom Verein.

Gut, königlicher Nachwuchs geht in gute Schulen, die Jahre plätschern dahin. Irgendwann möchten Majestät dann doch wieder intensiver am Vereinsleben teilnehmen, die personelle Situation um die Führungsriege hat sich geändert und Ihre elitäre Durchlaucht finden sogar schnell Anschluss. Majestät schwärmen daheim von den wunderbaren Menschen im Verein, wie bodenständig und grundehrlich diese vielen Mitglieder denn nicht wären, so ganz anders als der eigene, durch zu viel Bildung abgehoben gewordene Nachwuchs. Majestät lässt dem Hofstaat verkünden: Majestät bereuen zutiefst, die Kinder in gute Schulen (fern des Dorfes) geschickt zu haben, Majestät erkennen jetzt, wie wichtig Integration im Dorf und Anschluss an die Gemeinschaft sei, es war ein großer Fehler, dass Majestät die Kinder nicht in die örtliche Hauptschule geschickt haben.

Der königliche Nachwuchs ist ein wenig verdattert, aber wegen Majestäts wiederentdeckter Liebe zu einer 400-Seelen-Gemeinde wollte man das eben begonnene Studium dann doch nicht abbrechen, um stattdessen die Hauptschule zu wiederholen. Man bedenke, mit 20 Jahren in diesen für Kinder gezimmerten Sesseln zu sitzen, das ist ja auch nicht das Bequemste.

Erneuter Zeitsprung, wieder ein paar Jahre später. Der königliche Nachwuchs hat zumindest teilweise diverse Studien abgeschlossen, Majestät platzen vor Stolz und wollen die eigenen Gene, die zu zerebralen Höchstleistungen befähigen, in den Kindern erkennen, oder wenn schon nicht die eigenen, dann zumindest die vom akademischen Vater Ihrer hochwohlgeborenen Launigkeit. Majestät selbst hingegen pflegen wieder kaum Umgang mit dem Pöbel im Verein, man hat ähnliche Betätigungsfelder in etwas professioneller Umgebung gefunden. Aus Jux und Tollerei spricht ein Kind Ihre Durchlaucht an, nach einem Vortrag über die a) Unprofessionalität des örtlichen Vereins, b) Unfähigkeit seiner Mitglieder und c) elitäre Stellung von Majestät selbst, was denn aus Majestäts Meinung geworden wäre, die Kinder hätten im bewundernswert bodenständigen Dorf Anschluss finden sollen und der tiefen Trauer über Tatsache, den Kindern gute Ausbildung ermöglicht zu haben?

Hihi. Majestät konnte sich offenbar schon an die damalige, feurige Rede zugunsten des Dorfvereins erinnern, aber Majestät mochten das gar nicht leiden, dass Majestät daran erinnert wird, bezüglich dieser Einstellung recht wankelmütig zu sein. Majestät reagierte beleidigt und wütend (ausnahmsweise), das Kind musste sich freilich dafür entschuldigen, Majestät auf Majestäts Fehler aufmerksam gemacht zu haben und wird dieses, da bin ich mir sicher, nie wieder tun.

Aus der königlichen Pathologie:


Selbstdarstellung: Ein leidiges Thema. Je nach sozialer Umgebung sind Majestät mal ein einfacher Mann, mal die Elite. Egal welcher Zustand: es ist stets der einzig wahre. Dem Hofstaat wird es vermutlich nicht langfristig gelingen, der aktuellen Umgebung immer anzugehören. Vor allem: wozu? Um geliebt zu werden?

Mehrere Realitäten: Majestät belieben zu vergessen, welche Wahrheiten man früher als unanfechtbar proklamiert hat. Kann man kritisieren - aber: ...
Umgang mit Kritik: Wird der König auf Inkonsistenzen angesprochen, folgen Aggression und (meist verbale) Gewalt - König Narziss wird seinen Fehler nicht einsehen, aber der Hofstaat muss leiden. Ist Ansprechen wirklich sinnvoll? Lustig, ja. Ändert es etwas? Nein.
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