Königliche Finanzen
Ihre
einzelkindliche Majestät hatte vor vielen Jahren die Idee, eine große
Geldsumme, die damals überraschend ins Haus geflattert war, in Form von
Aktien zu investieren. Majestät hatte zuvor ein Buch von einem -
mittlerweile verurteilen - Börsenguru gelesen, es aber leider - sehr
ungwöhnlich für einen Akademiker (siehe Akademiker?)
- verabsäumt, sich weitere Informationen, die sich vielleicht auch
kritisch mit dem Thema "Börse" auseinandersetzen, einzuholen. Madame
hatte damals noch leise vorgeschlagen, ob es nicht besser wäre, das Geld
eher konservativ anzulegen. Dazu ist anzumerken, dass Madame seit
Anbeginn der Ehe die königlichen Finanzen führt und das mit Erfolg,
Madame hat sogar in ein Geschäft investiert, das nun floriert und
monatlich einen bescheidenen Beitrag zu den königlichen Finanzen
liefert. Bitte, meinte die Königin also damals, es sei nicht ihr Geld,
aber wäre nicht eine Investition, die zwar eine relativ kleine Rendite
verspricht, die aber dafür sicher und kontinuierlich die monatlichen
Finanzen aufbessert, besser, als die risikoreiche, die vielleicht hohen
Gewinn, vermutlich aber eher hohe Verluste bescheren könnte? Majestät
verdrehte die Augen, Madame habe keine Ahnung von Geld, Majestät haben
ein Buch darüber gelesen und habe damit quasi Wirtschaft studiert.
Zehn
Jahre später hat sich besagte Geldsumme halbiert. Nun stand aber eine
dringende, durchaus hohe Investition im königlichen Haushalt an, man
musste sämtliche Wertdepots zusammenkratzen, ohne dabei den börslich
investierten, nahezu wertlosen Vorrat anzugeifen - der würde ja
vielleicht eines Tages doch wieder mehr werden. Also gut, Madame kratzt
zusammen, schreibt alles auf. Dabei ist ihr leider ein Rechenfehler
passiert, es ging sich nach einer Kontrollrechnung doch nicht so aus,
Majestät wurde fuchsteufelswild, Madame entschuldigte sich, es wurde ein
bisschen finanziell jongliert und alles ging gut aus, die Investition
konnte getätigt werden.
Soweit
sogut. Majestät belieben diese Situation seinem Hofstaat zu erzählen:
Die Untertanen wissen ja von der notwendigen Investition. Ja, Hofstaat
ist unterrichtet, wie ist es denn ausgegangen? Majestät möchten nur
vorausschicken, dass Majestät zufiefst enttäuscht von Madame sind, ein
unerträglicher Fehler sei passiert, aufgrund dessen das Projekt beinahe
gestorben wäre, Majestät habe nun endlich eingesehen, dass Madame als
Schatzmeisterin völlig ungeeignet sei, man könne ihr große Beträge nicht
anvertrauen, in Zukunft werden Majestät wieder persönlich die eigenen
Finanzen in die Hand nehmen.
Nach
einer langen Tirade unterbricht ein Kind aus dem Hofstaat zaghaft, ob
Majestät denn nicht nun damit aufhören könne, die Mutter zu beschimpfen,
immerhin sitze Majestät im Glashaus, denn Majestät selbst haben ja auch
schon einmal eine Fehlinvestition - wir erinnern uns, die
Börsegeschichte - getätigt, sowas könne nun einmal passieren, man
brauche da ja nicht gleich das Vertrauen entziehen und die Mutter als
unfähig hinstellen.
Wutausbruch.
Undankbares Kind! Alles, was Majestät wollte, war die Geschichte
erzählen, wie glimpflich die unlängst getätigte Investition ausgegangen
war und wie großartig Majestät es geschafft habe, diese Situation zu
retten. Wieso das Kind plötzlich mit einem völlig anderen Thema
daherkomme, dass nichts damit zu tun habe. Erstens sei die
Börseninvestition von damals kein Fehler gewesen, das Geld könne immer
noch mehr werden, die seit 10 Jahren anhaltende Krise müsse ja auch
irgendwann wieder vorbei sein. Zweitens habe diese Geschichte nun
wirklich gar nichts mit Majestäts durchaus weiser Entscheidung von
damals zu tun.
Madame
wagt sich vor: Majestät haben nicht die Geschichte erzählt, wie
glimpflich alles ausgegangen ist - tatsächlich nicht, bis zu diesem Satz
wusste der Hofstaat weder, dass die Investition nun getätigt wurde,
noch, wie alles ausgegangen war, der Hofstaat wusste aber dafür über
allerlei Unfähigkeiten der Mutter bescheid. Majestät haben stattdessen,
sagt Madame, die Geschichte erzählt, wie unfähig Madame sei. Was sie,
Madame, nicht so prickelnd fände, immerhin habe sie sich entschuldigt
und es sei ja nichts passiert.
Undankbares
Pack! Majestät wollte nur die Geschichte erzählen, wie glimpflich die
Sache dank Majestäts Weitsicht ausgegangen ist! Und ja, Madame habe
Fehler gemacht, unverzeihliche, man wird wohl verstehen, dass Majestät
Madame nicht mehr große finanzielle Würfe anvertrauen kann. Sie darf
Haushalt, Einkauf und kleine Urlaube planen, aber für große Geschichten
habe sie nun ein für alle mal ihre Unfähigkeit bewiesen.
Kind: Aber Ihre cholerische Durchlaucht haben sich doch auch schon mal geirrt in finanziellen Dingen!
Warum das Kind schon wieder das Thema wechsle? Ob es nicht endlich schweigen könne!
Hofstaat,
vereint: Wieso Majestät denn nun so wütend auf das Kind sei? Es
verteidige doch nur die - durchaus menschliche - Schwäche der Mutter,
einen Fehler gemacht zu haben, indem es darauf hinwies, dass auch
Majestät nicht fehlerfrei sind.
Majestät
ist deshalb so wütend, weil das Kind das Thema wechsle. Und der
unfehlbaren Majestät einen Fehler vorwerfe, der erstens lange her ist
und zweitens gar kein Fehler ist. Majestät haben das Recht, wütend zu
werden, wenn das Kind das Thema wechsle. Soewtas vertrüge Majestäts
Gesprächskultur einfach nicht.
Aus der königlichen Pathologie:
Mißbrauch der Familienmitglieder:
Madame wird benutzt, damit Majestät sich besser fühlen. Eigentlich wäre
da ja ein schlechtes Gewissen, aber das wird überspielt, indem andere
gedemütigt werden. Ein Held, wer diese Bürde trägt, um Majestät die
Konfrontation mit ihren Fehlern zu ersparen.
Überbewertung: Wer sonst, außer unser König, käme auf die Idee, ein ganzes Fachgebiet aufgrund eines einzigen Buches verstanden zu haben?
Umgang mit Kritik: Psychische Gewalt und Aggression sind die einzigen Register, die sich im Kritikfall auf der königlichen Orgel ziehen lassen. Empfiehlt sich daher nicht in dieser Form. Hätte eine Frage einen Wutausbruch verhindert? Wenn ja: welche? Oder eine Huldigung?! Wie großartig Majestät nicht aus ihren eigenen Fehlern zu lernen vermag!