Kontaktabbruch
Weiß der Himmel, was in Kind C gefahren ist. Kind C hat nämlich einen - zeitlich begrenzten - Schlussstrich gezogen. Kind C hat beschlossen, den Hofstaat zu verlassen und ein neues Leben anzufangen, Version 2.0 sollte diesmal ohne Ihre königliche Hoheit stattfinden. Es geht eine Email an Majestät nebst Anhang: man hätte die Demütigungen satt, die ständigen Drohungen mit Enterbung, man habe die Schnauze voll davon, ununterbrochen von den Launen des Vaters abhängig zu sein und dann auch noch auf diese Rücksicht nehmen zu müssen.
Nun, eigentlich ist schon klar, was in Kind C gefahren ist, denn Kind C tut kund: man wünscht eine eigene Familie zu gründen und ein Kleinkind pro Zweierbeziehung ist eine hinreichend große Menge für ein frisch vermähltes Paar, ein zweites, dazu noch über fünfzig und Einzelkind, sei zu viel für das junge Glück. Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.
Damit haben Majestät nicht gerechnet. Ihro Leidensfähigkeit ringen sich zu einer seitenlangen brieflichen Antwort durch. Majestät haben eingesehen: wir haben übertrieben. Wir verstünden aber einfach nicht, wieso das Kind immer so sticheln müsse, dass es dann ständig zum Streit käme, zum Streit gehören ja schließlich zwei, und überhaupt müsse niemand jemals nie auf Majestäts Launen Rücksicht nehmen, das war früher so, aber das gehöre der Vergangenheit an.
Abbruch-Kind antwortet nicht, dafür der restliche Hofstaat: also man sei sich hofstaatintern schon einig, dass 1.) Majestät durchaus wankelmütig seien und - diplomatisch ausgedrückt - einen ganzen Arsch voll Launen haben, und b) Kind C auch nicht im Entferntesten irgendwohin sticht, sondern, mit Verlaub, Ihre durchlauchte Gereiztheit derzeit Kind C zum roten Tuch auserkoren habe, letzteres also entsprechend malträtiert werde.
Majestät ganz bedrückt, wieder seitenlange Antwort: wir haben verstanden, wir sind ein kranker Mensch, wir können nichts dafür, die Kindheit, wir möchten aber betonen, dass unsere reichende Hand nach dem Kinde ausgestreckt ist.
Nach Monaten der Abstinenz verlangt der gesellschaftliche Usus dann ein gemeinsames Treffen. Majestät sind relativ passiv, Kind C glaubt zunächst, das Problem, also Majestät, ignorieren zu können. Majestät machen einige, die Allgemeinheit erheiternde Bemerkungen über die Tatsache, dass sie ja erstaunlich wenig über das Leben des verlorenen Kindes wisse, immerhin habe man sich lange nicht gesehen. Ein Schenkelklopfer jagt den anderen, doch nach einiger Zeit werden Majestät ernst und belieben das Gespräch mit dem Kinde C zu suchen.
Wieso das Kind denn gleich so radikal werden und den Kontakt abbrechen müsse? Diese Eigenschaft habe es von Majestät, ganz bestimmt, aber wieso denn die gleichen Fehler machen, so viel Radikalität sei doch nicht gut.
Kind C antwortet: nun ja, im Stundentakt enterbt zu werden, sobald man Majestät kritisiere, sei halt auch nicht das gelbe vom Ei in einer Eltern-Kind-Beziehung.
Majestät sind bass erstaunt. Worüber sich Kind C beklage? Majestät haben Kind C seit Monaten nicht gesehen. Wie, in Gottes Namen, soll Majestät einem Kinde etwas vererben, das sich seit drei Monaten nicht hat blicken lassen?Aus der königlichen Pathologie:
Verlustangst: Sobald der Narzisst Wind davon bekommt, dass ihn ein Untertan verlässt, ist er zu allem bereit, er kann sogar höchst unterwürfig werden. Nicht aber, weil er einen geliebten Menschen verlieren könnte, sondern wohl eher, weil ihm ein potentielles Opfer abhanden kommt. Das hält aber ohnedies nicht lange an: ist dem Narzissten endgültig klar, dass das Opfer die narzisstische Versorgung eingestellt hat, lässt er es fallen.
Realitätsverweigerung: Die Gründe für den Kontaktabbruch sind dem Narzissten unbegreiflich. Die permanente Umdefinierung der Realität führt dazu, dass er sogar die Konsequenzen dieses Abbruchs so uminterpretieren kann, als wären sie der Ursprung dessen gewesen.