Leichte Kost
Das königliche Paar sitzt entspannt beim Abendessen beisammen. Noch ist alles gut. Majestät erzählen vom Hobbyverein. Wie lustig die nicht alle sind. So ein nettes Hobby! Macht wirklich Spaß, gottseidank haben wir den Verein gefunden, das ist alles überhaupt nicht anstrengend und nur lustig. Madame freut sich über die Glückseligkeit ihres Mannes, sie kennt den Verein ja auch, stimmt, wirklich alles sehr erfreulich. Das Leben ist schön. Noch.
Ach ja, apropos Abendessen. Madame habe sich da übrigens mit einem Kinde für einen Kochkurs angemeldet, übernächstes Wochenende. Wie aufregend, nicht wahr? Wir freuen uns schon so. Grins, schwelg, Freude.
Bitte was haben Madame da gemacht? Wo hat sie sich angemeldet?
Na bei einem Kochkurs. Bei der berühmten Köchin, von der hab ich dir eh schon erzählt, das Kind und ich werden einen Tag bei der Dame kochen.
Aha. Berühmt ist die also. Was denn da bitte so ein Tageskurs bei der angeblichen Berühmtheit koste? Köche sind ja bekanntlich schweineteuer, überzogene Preise, kennen wir alles. Auch wenn wir noch nie auf einem Kochkurs waren. Aber wir kennen uns aus. Grundsätzlich.
Naja, der kostet halt soundso viel, circa. Eh nicht so schlimm, dafür, dass die berühmt ist, eigentlich.
Aha. Und das Kind zahlt sich den hoffentlich selbst? Oder will Madame gleich büscherlweise das Geld beim Fenster rauswerfen und das Kind mitzahlen?
Öhm....also offengestanden haben wir darüber nicht gesprochen. Vermutlich wird das Kind sich schon selbst zahlen. Is ja erwachsen und verdient Geld.
Majestät hadere wirklich mit der Schnapsidee, dass Madame da jetzt hinfahren will. Das kostet ja ein Vermögen!
Also erstens ist das am Geburtstag von Madame, sie will da so ein Mutter-Kind-Dings haben an ihrem Geburtstag, zumal das Kind ja auch so ein guter Hobbykoch ist, und zweitens habe Madame die letzten Monate ziemlich hart gearbeitet, sich damit viel erspart und daher könne und vor allem: wolle sie sich den Kurs auch leisten. Hoheit werden doch verstehen, dass man nach harter Arbeit auch ein bisschen entspannen darf, immerhin haben Durchlaucht den Hobbyverein, da können sich Majestät entspannen, Madame will halt auch einmal ein Wochenende ausspannen.
Also das ist ja wohl die Höhe! Wie Madame jetzt darauf kommt, dass der Hobbyverein Spaß, Vergnügen oder gar Entspannung ist?! Das ist anstrengend! Harte Arbeit! Madame weiß doch, dass das einer der besten Hobbyvereine der Welt ist, so ein Tag mit dem Verein kostet enorm viel Energie, da geht es nicht um Spaß, sondern um eine ernste Sache.
Kürzen wir die Geschichte ab: es geht noch ein bisserl hin und her,
irgendwann schweigt Madame und sie fährt einfach mit ihrem Kinde zu
diesem Kochkurs. Großartiges Erlebnis, gibt's nix. War schon anstregend,
aber lehrreich, und das Kind hat ihr aufgrund des Geburtstags
auch gleich die Übernachtung geschenkt. Wie reizend.
Dann, ein paar Wochen später, Madame und Hoheit sind bei Freunden eingeladen. Und Majestät geraten ins Schwärmen: ihr ahnt nicht, wo Madame unlängst war! Bei der berühmten Köchin! Der Kochkurs war s-c-h-w-e-i-n-e-t-e-u-e-r, aber wir können uns das ja leisten, nicht wahr, Schatzi, höhö. Obwohl, so teuer war der Kurs dann gar nicht. Wir wissen ja, was so Kurse bei Star-Köchen kosten, und die is ja im Vergleich dazu eh harmlos. Da sieht man, was für eine tolle Köchin die ist. Und was Madame da gelernt hat, gell Schatzilein! Sie hat ja immer schon ausgezeichnet gekocht, aber jetzt! Wie eine Göttin kocht sie! Alles von der Berühmten gelernt.
Aus der königlichen Pathologie:
Realität: die erscheint nur dem Laien als etwas Solides. Für den Narzissten ist eine Sache mal extrem anstrengend oder fürchterlich, dann wieder sehr entspannend oder lobenswert. Je nachdem, für welche Situation er gerade das eine oder das andere braucht. Und beides ist selbstverständlich real. Hinweis auf Inkonsistenz würde ziemlich sicher zu einem Wutanfall führen.
Demütigung: lässt man sich die vorangegangene Demütigung gefallen, weil nachher wieder das große Lob kommt, gell Schatzilein, vor einem größeren Publikum? Ist es das wert?