Nur kurz, bitte
Familienabend. Abendessen, plaudern, Spiele spielen. Majestät erwähnen immer wieder zwischendurch, wie wir unlängst die alten Videos gesehen haben, mei, das war so lieb. Unsere apostolische Majestät haben nämlich früher mit einer Heimkamera diverse Familienurlaube und -events in Magnetbänder eingebrannt, bis in die mittleren Teenager-Jahre der Kinder. Hoheit haben dann unlängst beim Aufräumen diese Filme wieder entdeckt und sind, nachdem das alles Äonen her ist, in der Vergangenheit geschwelgt. Ob die Kinder diese Filme nicht auch sehen wollen, um wieder an die Kindheit erinnert zu werden? Wie nett alles war, damals?
Kinder wollen nicht unbedingt an die eigene Vergangenheit erinnert werden, zumal als Hofstaat direkt im Schlosse wohnhaft, aber man gibt sich offen: ja, vielleicht später. Aber zuerst bitte noch das Spiel fertig spielen.
Es wird später, es geht gegen Mitternacht, Allerdurchlauchtigste Apostolität werden langsam quängelig, bitte schauen wir uns die Filme an, die sind so süß.
Madame stupsen Hoheit an: was da jetzt so dringlich ist am Filmeschauen? Die Kinder unterhalten sich grad gut, offensichtlich ist die Stimmung nicht sonderlich cineastisch.
Hoheit belieben nachzugeben. Vorerst. Es ist schließlich nach Mitternacht, die illustre Gesellschaft signalisiert, schlafen gehen zu wollen.
Ach doch jetzt noch nicht, na geh, es ist scho nett, jammern Majestät, wir sind noch nicht müde. Wir können ja noch Film schauen.
Hoheit, grundsätzlich gern, aber eher nicht, nein, vielleicht morgen.
Allerreiflichste
Durchlaucht stampfen mit den Füßen, jammern, na geh, es ist so lieb,
Stimme wird weinerlich. Eh nur kurz, nur den ersten Film, wo die Kinder
klein waren.
Kinder seufzen und geben nach. Nächste Stufe wäre Wutanfall, das will man sich nach Mitternacht auch nicht mehr geben.
Majestät
sind erleichtert, legen einen Film nach dem anderen ein, belieben zu
kommentieren und zu reden, über die Filmkunst im Allgemeinen, das eigene
Können (für einen Hobbyfilmer, bitte!) im Speziellen, die Sonne geht
langsam auf.
Das Publikum wankt totmüde ins Bett, aber Durchlaucht sind endlich entspannt, zufrieden und glücklich.
Aus der königlichen Pathologie:
Mangel an Empathie:
Der König will nicht bemerken, dass andere etwas nicht wollen. Wie ein
Kleinkind setzt er seinen Willen durch, und dabei ist ihm auch jedes
Mittel (eines Kleinkindes) recht.