Selbsterkenntnis Teil 3: Ehre

Majestät lassen sich von Madame zu einem Gespräch mit einem Profi überreden. Depressionistisch, wie Majestät nun einmal sind, belieben Hoheit vor dem Gespräch ein Buch über Depressionisten gründlichst zu studieren. Passagen werden angestrichen, Kommentare werden dazu gekritzelt. Um da jetzt Details zu ersparen, machen wir's doch kurz und sagen wir, die wichtigsten Aussagen, die einen Depressionisten definieren, sind: "Ich habe große Angst" und "Ich mag Ordnung".

Fein. Majestät antworten auf die Frage des Profis, wieso denn der Entschluss zu einem Termin gefällt worden ist: nun, die Kinder behaupten, dass Majestät ein Narzisst sind. Und ein Kind habe sogar behauptet, es wolle Majestät mit Absicht Schaden zufügen (siehe Enterbt, den - und nur den - Satz haben sich Hoheit glatte 4 Jahre gemerkt). Und da müssen Majestät professionelle Hilfe suchen, wo doch Majestät a) Ordnung lieben und b) große Angst haben.

Machen wir's wieder kurz: die Show war beeindruckend. Profi lässt Majestät wissen: ja, depressionistische Züge.

Um diese Erkenntnis bereichert erzählen Durchlaucht nun dem Hofstaat ausführlichst vom Gespräch mit dem Profi. Der übrigens sehr teuer war. Und extrem wichtig. Fast sogar berühmt. Also der muss es wissen. Der Hofstaat schweigt, während Majestät schildern, wie gequält die königliche Seele ist, wie eindeutig der Profi bestätigt hat, dass Majestät gar kein Narzisst sein können, welch Fahrlässigkeit so etwas zu behaupten, wie sich die Krankheit auf sämtliche Lebenslagen auswirkt, etc, etc. Hoheit haben jetzt also ein Zertifikat, quasi: wir sind Depressionist!

Der Hofstaat reagiert fassungslos. Die von Majestät erhoffte Reaktion bleibt offenbar aus.

Na mehr hat es nicht gebraucht. Majestät werden fuchsteufelswild. Seit Monaten spricht niemand mehr über uns! Wir müssen uns immer zurückhalten, weil sonst irgendwer gleich den Kontakt abbricht, dabei hatten wir doch eine schlimme Kindheit und sind kein Narzisst, sondern ein Depressionist! Das hat sogar der teuerste Profi gesagt! Wir sind der einzige hier, der sich mit uns beschäftigt! Niemand interessiert sich mehr für unsere Psyche, unsere Krankheit, unsere gekränkte, 'tschuldigung, gequälte Seele! Stampf, kreisch, fuchtel, schimpf - ein Inferno.

Ein Kind wirft ein: also bitte, das ist ja wohl ein bisschen lächerlich - der ganze Hofstaat ist seit dem einen Kontaktabruch (siehe Selbsterkenntnis Teil 1) mit nichts anderem beschäftigt, wir lesen massenweise Bücher und das eine, andere, Kind ist sogar seit einem Jahr in Therapie.

Das andere nickt bestätigend.

Majestät schauen wie ein Autobus. Was bitte? Wegen uns? Das kann aber nicht sein, wir sind ein liebender, großartiger Vater. Da sieht man wieder, wie undankbar das blöde Huhn ist, weil wie kann man wegen uns in Therapie gehen? Das Huhn hat dem Therapeuten sicher nur Unsinn erzählt! Ob der Therapeut vom Huhn auch weltberühmt ist?

Nein, Durchlaucht, kein weltberühmter Therapeut.

Na wieviel denn der Huhntherapeut gekostet hat?

X Euro.

Ha! Da sieht man's! Das kann ja kein gescheiter Therapeut sein. Unserer, also der weltberühmte, der hat Y Euro gekostet. Und das ist das doppelte von X! Quasi. Das Huhn, dieses elendigliche *Schimpfwort* trachtet nur nach maximaler Zerstörung von Hoheit. Wir bitten daher, alle unsere Geschenke zurückzugeben. Sofort.

Kind lacht. Also wieso bitte soll ich die hoheitlichen Geschenke zurückgeben? Majestät haben mich gerade *Schimpfwort* genannt.

Hoheit antworten, nobelst, nur ein bisschen Heiserkeit in der Stimme ob der vorangegangenen Tobsucht: "Na weil du mein Kind bist und daher Ehre hast."


Aus der königlichen Pathologie:

Kränkung: Die narzisstische Kränkung ist offenbar fulminant. Man kann sogar narzisstisch gekränkt sein über die Tatsache, dass man ein Narzisst ist, scheint's.

Übertreibung: Wichtig ist, dass nur der berühmteste, wichtigste Profi ihn diagnostizieren kann. Die Profis der anderen, die man gerade zur Demütigung braucht, die sind Scharlatane.

Selbsttäuschung: Der König wird vermutlich immer einen Weg finden, die Konfrontation mit dem Narzissmus zu umschiffen. Die dabei zum Einsatz kommende Kreativität kann aber gern bewundert werden.

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